14. April 1954
Angaben des Legionärs Arthur:
Bei `Huguette 1+ 6´ und auf der gegenüberliegenden Seite in `Eliane 1+2´
leisteten wir erbitterten Widerstand. Trotzdem gelang es den Vietminh,
die Rollbahn um ein Drittel zu erobern. Ein paar Panzer mit unterstützenden Ein-
heiten kämpften gegen die anstürmenden Vietminh. Diese ließen nicht ab und
krallten sich auf die Panzer fest, versuchten mit Schüssen und mit Stechen
ihrer Bajonette in die Sichtluken der Panzer, diese zu knacken. Mit den eigenen
Maschinengewehren mussten sich die Besatzungen der Panzer gegenseitig die
Vietminh wie lästige Läuse aus dem Fell schießen. Hunderte starben bei der
Attacke. Trotzdem wurde `Huguette 6´ durch die massive Konzentration der
Angreifer aufgegeben und viele Verwundete mussten zurückgelassen werden.
Angaben der Franzosen:
„`Huguette 1+6´ wurde heftig von Teilen der 316. Division attackiert
und ist vom Zentrum abgeschnitten. Die Zustände im Feldlazarett sind
katastrophal. 751 Verwundete und es fehlt an allem. Viele Verwundete
sterben an Wundbrand. Es ist kein Platz mehr im Lazarett und es müssen
Verwundete nach außen verlegt werden. Der Monsunregen hört
nicht auf. Der Feind führte frische Kampfeinheiten aus Laos nach
Đien Biên Phu.
Problematisch ist vor allem die Versorgung mit Lebensmitteln. 56
Tage Kampfeinsatz zum Teil rund um die Uhr mit ca. 16.000 Mann
Verteidigern, die müssen versorgt werden. Dazu die verschiedenen
Essgepflogenheiten der Rassen, welche berücksichtigt werden müssen.
Besonders empfindlich reagieren die Moslems. Schweinefleisch
ging überhaupt nicht. Auf einen Nenner bekommt man schon eher die
Europäer, Schwarzafrikaner und Asiaten. Die Kampfrationen werden
aufgeteilt nach den individuellen Gebräuchen der Nationalitäten und
Glaubensausrichtung. Alle in handliche Einmalportionen verpackt und
die der Moslems waren weitgehend aufgebraucht. Hungrige Mägen
rebellieren schneller. Abgeworfene Versorgungsbehälter, die man sichern
konnte, enthielten knapp 3000 Tuben Zahnpasta und 16.500 Rasierklingen.
Diese Dinge sind sicherlich auch wichtig, jedoch wird man davon
nicht satt.“ Die Probleme wurden umgehend nach Hanoi gemeldet und
Cogny veranlasste schnellstens die Zusammenstellung von Lebensmitteln,
welche nach Đien Biên Phu geflogen wurden.
Dies war natürlich eine zwiespältige Geschichte. Denn man musste
abwägen, was wichtiger war. Fallschirmjäger, Munition und medi-
zinische Mittel – oder Nahrungsmittel. Die Flieger waren begrenzt und
die Abschusszahlen sprachen für die Vietminh-Flak.
Am Abend landeten Fallschirme auf Anweisung von Cogny mit rund
450 t Nachschub. Zwar nicht ganz präzise in den neu angegebenen
Koordinaten, aber immer noch greifbar nah. Doch die Beute sahen auch
andere Hungrige. Es lag auf der Hand, dass die Vietminh den Nachschub
in jedem Fall unterbanden oder für sich selbst sichern wollten. Die
„Ratten von Nam Youm“ waren ebenfalls ganz scharf auf eine gedeckte
Tafel samt Warenlager für ihren Minihandel an der Uferpromenade.
Die Hatz auf die Dinge der Begierde ging los. Militärfahrzeuge rasten
vom Verteidigungszentrum aus los, um zu erbeuten, was ging. Die
„Ratten von Nam Youm“ schlichen wie Zombies aus allen möglichen
Schatten und Erdlöchern hervor. Ein heftiges Granatfeuer der Vietminh
unterbrach das Schlachtfest. Dabei wurden geschätzte 300 kg Käse, 700
kg Tee, ebenso viel Kaffee, 450 kg Salat, 620 kg Brot, 110 kg Schokolade,
über 5000 Fertigrationen und 300 Flaschen Rotwein vernichtet. Ein Desaster.
Langlais sprach mit Bigeard und den Parakommandanten über
diesen fürchterlichen Verlust. Bei alledem blieb nur noch übrig, die
Essensrationen auf die Hälfte zu reduzieren.
Paris – London – Washington D.C.
Die Regierungen der Länder Frankreich, Großbritanniens und der
USA prüften nun die Pläne für die Operation „Vulture“. Die B29-Bom-
ber sollten die französischen Hoheitsfarben aufgepinselt bekommen.
Amerikanische Piloten sollten die eigene Nationalität aufgeben und
in den Status von Fremdenlegionären versetzt werden. Also keinerlei
amerikanische Dokumente oder Ausweise bei dem geplanten Einsatz.
Die Sitzung dauerte keine halbe Stunde.
Premier Winston Churchill und sein Außenminister Sir Anthony Eden
weigerten sich, Großbritannien in ein koloniales Abenteuer zu stürzen.
Sie verwiesen auf die Indochinakonferenz in Genf. Deren Ausgang galt
es abzuwarten.
Somit war für Churchill, sich in irgendeiner Form an „Vulture“ zu beteiligen,
erstmal vom Tisch. Er schob den Schwarzen Peter den USA
direkt und alleine zu.
15. April 1954
Angaben der Franzosen:
„Besetzung des Stützpunktes `Opéra´ durch die Kolonialfallschirmjäger
des 8. BPC. Das 1. und 2. BEP waren an der Versorgung der Verteidigungsposten
von `Huguette 6´ beteiligt. Allerdings wurden sie mit
schwerem Maschinengewehr- und Granatfeuer eingedeckt. Die Paras
der beiden BEPs klebten zwischen `Huguette 1 und 2´ fest. PIMs waren
wieder mit von der Partie und hatten Verpflegung geschultert. Viele
von ihnen wurden getötet. Die Vietminh trieben sich bereits zwischen
`Huguette 1 und 2´ herum. Somit befand sich die Landepiste in aller
höchster Gefahr.
Der Rückzug der Legionärsfallschirmjäger war nur nachts gegen 2:00
Uhr unter Mithilfe des 8. BPC, der Legionäre der I/13. DBLE und des
I/2. REI möglich. Hohe Verluste der Paras und bei Kriegsgefangenen.
Giap brachte weitere 25.000 Mann zur Verstärkung heran. Darunter das
176. Regiment der 316. Division und Teile der 304. Division.
Die Verluste bei den Vietminh waren extrem hoch.
Einem zweckentfremdeten Marinebomber als Aufklärer, gestartet
von dem Flugzeugträger `Arromanches´, gelang es gegen 17:00 Uhr,
ausgezeichnete Fotos von den Verteidigungsanlagen zu schießen. So
konnte man einige Flakstellungen und die Marschrichtung der
Vietminhinfanterie gut erkennen. In Hanoi sollten auf dieser Grundlage der
ausgewerteten Bilder dann Karten im Maßstab 1:25.000 und 1:100.000
gefertigt werden. Allerdings passierte ein Malheur. Als der Bomber
nämlich tiefer flog, knallten ihm Flakgranaten entgegen. Um diesen aus
zuweichen, machte der Bomberpilot einen Überschlag und die Kamera
löste sich aus der Arretierung. Der Pilot fluchte, General Giap freute
sich, als er dieses aktuelle Fotomaterial in seinen Händen hielt. Karten
wurden gefertigt, jedoch nun von Giaps Leuten.
Tags darauf wurde die Prozedur wiederholt und an de Castries
Informationen abgeworfen.“
Angaben der Vietminh:
„Abgeworfene Unterlagen, welche für den Feind bestimmt waren,
konnten gesichert werden. Nach informellen Angaben sollen 90 B29-
Bomber von ihrem Stützpunkt Mali[Philippinen] aus in Richtung Đien
Biên Phu starten und unsere Stellungen angreifen. Fuchsgesicht [de
Castries] wurde befördert.“
Ausschnitt aus dem Buch `Dien Bien Phu´ von Terry Kajuko – Verlag: EPEE-Edition
Ausschnitt aus dem Buch `Dien Bien Phu´ von Terry Kajuko – Verlag: EPEE-Edition
Arthur Engel erlebte als Fallschirmjäger der französischen Fremdenlegion im 1er BEP den Krieg in Indochina und 1954 die Schlacht von Dien Bien Phu. Der Autor Terry Kajuko hat in dieser romanhaften Biografie die Erlebnisse seines Vaters verarbeitet.
Neben interessanten persönlichen Erlebnissen werden in diesem Buch, das über 250 Fotos und Karten beinhaltet, zahlreiche Fakten und Hintergründe des Indochina-Krieges, zur Schlacht in Dien Bien Phu und zur französischen Fremdenlegion erläutert.
„In Algerien zu Fallschirmjägern ausgebildet und nach Indochina verschifft, befanden sie sich in keinem gewöhnlichen Krieg, sondern in einem Dschungelkrieg des Mikrokosmos. Ein Krieg ohne
zusammenhängende Front. Das Einsatzgebiet eines Elitesoldaten, des Fallschirmjägers.
Im Norden, an der Grenze zu Laos und nicht weit bis China, schwebten die besten Kolonialtruppen in kürzester Zeit vom Himmel oder wurden auf der zusammengebauten Landepiste abgesetzt. Es war die
größte Luftlandeoperation im Indochina- und späteren Vietnamkrieg.
In der darauffolgenden Schlacht in einem Tal namens Điện Biên Phủ wurden bewegliche Kampfeinheiten in zusammengebastelten Erdbefestigungen untergebracht, welche in keinster Weise ausreichend
gegen Granatenbeschuss gesichert waren. Umzingelt von einer in Laufgräben geschützten und ausgezeichnet bewaffneten Übermacht, den Vietminh. General Giaps Artillerie feuerte völlig überraschend
aus gut getarnten Stellungen heraus, hoch oben in den Bergen, wo jede abgefeuerte Granate ein Treffer war.“
http://www.epee-edition.com/index.php/de/onlineshop/biografien-1/dien-bien-phu-detail
E-Book: http://www.epee-edition.com/index.php/de/onlineshop/ebooks/dien-bien-phu-ebook-detail